Umweltfreundliche Floristik
In der Natur gibt es keine geraden Formen, heißt es. Manchmal klein und zart, vielfach ausladend und überladen. Draußen zeigt sich die Natur in ihrer ganzen Ungezähmtheit. Interessante Ranken, außergewöhnliche Zweige, unsymmetrische Formen und bizarre Blattstrukturen. Wenn wir all dies auch in unseren Blumenbouquets finden, so spiegeln sie die Landschaft um uns herum wieder. Obgleich die Natur bisweilen verschwenderisch ist, so macht es doch Sinn, der Natur auch beim Blumenbinden mit Respekt zu begegnen. Wenn du umweltfreundliche Floristik betreibst, dann hinterlässt du einen so kleinen ökologischen Fußabdruck wie möglich.
Nachhaltige Floristik von der Saat bis zur Blüte
Ökologische Aspekte
Wenn ihr Blumen nicht selbst züchtet oder anbaut, werft einen Blick auf die Transportwege und Herkunftsländer. 80% der in westlichen Läden gekauften Blumen werden von den Niederlanden, Kenia, Ecuador, Kolumbien oder von Vietnam. importiert. Denn bessere Wuchsbedingungen, wie Temperaturen, Regen, Sonnenstunden pro Tag bieten diesen Ländern ein blühendes Exportgeschäft für Rosen. Alleine an einem Valentinstag in den USA werden für die 100 Millionen importierter Rosen 9.000 Tonnen CO2 emittiert. Andererseits benötigen die Treibhäuser Kenias kein künstliches Licht, Heizung oder Kühlung. Daher produzierten Rosen aus Kenia trotz Flugstrecke 6.034 kg CO2, die niederländischen Rosen zum Vergleich jedoch immerhin 37.110 kg CO2.
Tipp: Also: Augen auf, woher die Pflanzen kommen!
Pestizide und Wasserverschmutzung
Es lohnt sich, auf umweltfreundliche Floristik zusetzen, denn Blumenanbau ist einer der größten Verbraucher von Pestiziden. Da Blumen keine Nahrungsmittel sind, werden sie auch nicht gesetzlich so stark überwacht. Entsprechend der WHO Liste der schädlichen Pestizide werden in Kolumbien 12 Pestizide eingesetzt, in Äthiopien 120. Diese verursachen im Anbauland gesundheitliche Probleme bei den Arbeitern und bedrohen die Fischbestände in den Gewässern. 90% der Pestizide verdampfen in die Luft und werden bis zu 1500 km weit getragen.
Land- und Wassernutzung
Große Landflächen und Wasserreserven können in den Ländern nicht mehr für dringend benötigten Nahrungsmittelanbau genutzt werden, sondern dienen wirtschaftlichen Interessen des Blumenexports.
Elektrizität
Für die geernteten Blumen müssen Kühlräume mit Elektrizität versorgt werden, die wiederum andernorts produziert werden muss. Dies gilt ebenfalls für den gekühlten Transport. Bei heimischem Blumenanbau entfällt dies.
Plastikabfall
2017 importierte Australien 5,22 Millionen Rosen für den Valentinstag. Rechnet man die Blumensträuße in Plastikfolien hoch, so wurden alleine für Australiens Rosen am Valentinstag schon 163 km Plastikfolie verbraucht. Ein enormes Aufkommen an Abfall! Noch weit größer dürfte der Schaden durch Steckschwamm sein. Man verwendet ihn dazu, die Blumengestecke in Form zu halten und vollgesaugt mit Wasser die Blumen länger haltbar zu machen. Steckschwamm ist nicht biologisch abbaubar, er zerfällt lediglich in kleine Plastikteile. Es ist ein aus Öl hergestelltes Material mit krebsauslösenden Chemikalien, wie z.B. Formaldehyd.
Steckschwamm ist nicht umweltfreundlich.
Jedoch noch weit größer dürfte der Schaden durch Steckschwamm sein. Man verwendet ihn dazu, die Blumen in Form zu halten und vollgesaugt mit Wasser länger haltbar zu machen. Steckschwamm ist nicht biologisch abbaubar, er zerfällt lediglich in kleine Plastikteile. Es ist ein aus Öl hergestelltes Material mit krebsauslösenden Chemikalien wie Formaldehyd. Nicht nur für Floristen gibt es sehr gute Alternativen zum Steckschwamm, beispielsweise Hühnerdraht, Kieselsteine, Murmeln, gebogene Äste, Torfmoos oder Naturton. Ein anschauliches Beispiel wie man du das ganz praktisch mit dem Hühnerdraht anstellst, findest du auf dem Youtube Video von Anne Oberwalleney.
Tipp: siehe meinen Artikel für alternative Tipps zum Steckschwamm
Soziale Aspekte
Ausbeutung in der Herstellungskette
Jeder hundertste Bewohner Kolumbiens arbeitet in der Blumenindustrie. Frauen mit befristeten Arbeitsverträgen bis zu 15 Stunden pro Tag verdienen ca. 26 Euro pro Woche. In Kenia bringt ein Arbeiter in der Blumenindustrie ca. 6 Euro pro Woche nach Hause. Für Landarbeiter liegt der Mindestlohn bei 1,20 Euro pro Tag, in Tansania bei 0,96 Euro.
Diese Arbeiter – meist Frauen – sind häufig giftigen Pestiziden ausgesetzt und leiden unter den gesundheitlichen Folgen.
10 Tipps für umweltfreundliche Floristik.
- Kaufe deine Blumen von lokalem ökologischen Blumenanbau, damit du Transportwege vermeidest.
- Sammle Blumen für Sträuße und Gestecke in der freien Wildbahn, an Feld-, Wald- und Bachrändern. Allerdings solltest du die Eigentümer der jeweiligen Grundstücke vorher um Erlaubnis fragen. Alle Gestecke, die du hier siehst, sind auf diese Weise entstanden. Das klappt sogar im Winter.
- Sähe Blumen selbst in eigenen Blumenbeeten und -töpfen aus.
- Kaufe nur der Saison entsprechende Blumen. Im Winter gibt es keine. Dafür aber getrocknete Blumen, Eis geschockte, Äste und Zapfen.
- Verzichte auf die schnurgerade gezüchteten Blütenstiele aus den Treibhäusern, wenn sie nicht biologisch vertretbar angebaut sind. Sie kämen in der Natur nie so vor.
- Achte bei importierten Blumen auf Fairtrade Anpflanzung, da sie nachhaltigere Anbaumethoden einsetzt.
- Unterstütze aktiv umweltfreundlich arbeitende Floristen in deiner Nähe.
- Verwende keinen Steckschaum. Alternativen findest du im Artikel oben.
- Verpacke Blumensträuße und Gestecke nicht in Plastikfolie, sondern in Papier oder wenn möglich gar nicht. Die Sträuße lassen sich sehr gut durch große Blätter oder wiederverwendbaren Kabelbinder zusammen halten und schützen
- Auch für die Bewässerung von Gestecken gibt es unter diesem Link umweltfreundliche Alternativen.
Für mehr Beispiele an nachhaltiger Floristik honeysuckle and Hilda
und Flowers from The Farm in England. England ist auf diesem Gebiet Deutschland weit voraus. Aber auch in Deutschland gibt es einige wenige gute Adressen dafür, z.B. die Farmerfloristin Anne Oberwalleney ikoflowers.
“Flowers with no air miles and very few drive miles.”
Das ist das Motto der britischen Kooperative “Flowers from the farm”.
https://www.flowersfromthefarm.co.uk/
Farmblumen als Alternative zu importierten Schnittblumen sind in England weit mehr verbreitet als in Deutschland. Die Non-Profit Kooperative zählt bereits 700 Mitglieder zwischen Cornwall und Inverness. Ihre Mitglieder bauen ihre Blumen in kleinen Unternehmen mit 6 Acres Land oder mehr an.
Ihr Ziel ist es, Gärtner zu ermuntern, eigene Blumen für den heimischen Markt anzubauen und für diese nicht-importierten Schnittblumen im Land zu werben. Die Kooperative hat bereits viele Preise gewonnen.
Wenn ihr im Sommer in UK Urlaub macht, geht einmal zu einem ihrer zahlreichen Gärtner Events. Ihr könnt hier auf der Landkarte genau sehen, wann und wo welches Event stattfindet. What’s on
Blumen mit Heimatsinn
Der Preisdruck auf dem Massenmarkt für Blumen ist enorm. Nachhaltigkeit ist bei Reisen, Lebensmittel, Kleidung längst ein strategisches Marketinginstrument. Aber bei Blumen? Blumen unter freiem Himmel und ohne Bewässerung unter biologisch nachhaltigen Bedingungen anzubauen, ist das Ziel der Farmerfloristen. Ihr Credo: Blumenanbau im Fluss der Jahreszeiten. Schließlich weiß der Food Sektor schon lange, dass wir an Weihnachten nicht unbedingt importierte Erdbeeren brauchen. In jedem Blumenarrangement solltest du die Jahreszeit erkennen. Also keine frischen Rosen im Januar. Der Bio Blumenanbau verzichtet konsequent auf Pestizide und Fungizide. Zur Vermeidung von Transportwegen ist das Motto: vom Feld direkt in die Vase. Das Ziel ist, dass man sich in einigen Jahren nicht mehr fragt, woher die Blumen kommen und ob es die Saison für die Blumen ist.
Ein Toast auf das bemerkenswerteste Detail deiner Hochzeit – die Blumen!
So wurden auf der Hochzeit von Kate Middleton und Prinz William 2011 lokal angebaute Blumen verarbeitet. Kates Brautbouquet zum Beispiel bestand aus Maiglöckchen, Bartnelke, Hyazinthe, Efeu und Myrthe. In der Tat war es genau diese Myrthe, die seiner Zeit Queen Victoria nach ihrer Hochzeit mit Prinz Albert 1840, nachdem sie Wurzeln gezogen hatte, einpflanzen ließ. Seither hat der Busch mit seinen Nachfolgern jede königliche Hochzeit ausgestattet.
Auch diese Tischdekoration für eine mittelalterliche Hochzeit wurde mit nachhaltiger Floristik ausgestattet von Nosioko.
Wusstest du, dass durchschnittlich bei einer Hochzeitsdekoration 20 Pfund Pflanzenabfall zusammenkommen? Es lohnt sich sicher, einen Teil der Deko bei Events abzuholen und zu trocknen. Einfach mit dem Kopf nach unten aufhängen. Auch Trockenblumen erleben derzeit ein Revival und kommen aus ihrer verstaubten Ecke heraus, und das nicht nur im Winter. Auch getrocknet verlieren Blumen nicht ihren Zauber. Maggie Cokker aus Berlin macht dies bereits zu ihrem „Geschäft“.
Alles für einen respektvollen Umgang mit der Natur. Bleibt dran!
Für zauberhafte Floristikfotografie Eva Nemeth
Gartentipps von englischen Gärtnern im Garden World Magazine
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