Youtube: BBC aus Huddersfield mit Pantheist
Wir hatten Rock’n Roll, Rythm and Blues und Drum’n Bass. Die neueste Paarung, die die Musikszene erschüttert, ist Heavy Metal und Kirchenorgeln.
Kürzlich traten zwei Doom-Metal-Bands, Arð und Pantheïst, im Rathaus von Huddersfield, West Yorkshire, auf und wurden von der imposanten Henry-Willis-Orgel aus dem Jahr 1860 begleitet. Dieser Doom-Gig war so erfolgreich, dass sie nun mehrere Auftritte in Großbritannien planen. Aber bei dieser Paarung geht es um mehr als nur um schöne Musik. Man hofft vielmehr, dass viele Veranstaltungen wie diese dazu beitragen, die Pfeifenorgeln des Landes vor der Zerstörung zu bewahren.
Seit Jahrhunderten sind Englands majestätische Kirchenorgeln ein fester Bestandteil seiner kulturellen Landschaft. Orgeln gehören zu den ältesten Instrumenten. So hatte die Kathedrale von Winchester bereits vor der normannischen Invasion eine Orgel. Viele wurden nach der Reformation von Puritanern und unter Cromwell zerstört. Aber viktorianische Orgelbauer wie Henry „Father“ Willis haben die meisten wieder aufgebaut.
Bedrohte Kirchenorgeln
Großbritanniens Pfeifenorgeln haben eine ungewisse Zukunft vor sich. Obwohl einige von ihnen in Rathäusern und Kinos stehen, befinden sich die meisten in Kirchen und Kathedralen. Immer mehr Kirchen werden jedoch geschlossen. Nach Angaben der Church of England sind es etwa 25 pro Jahr, da immer weniger Menschen in die Kirchen gehen. Zudem müssen Orgeln wie auch andere Maschinen regelmäßig gespielt und gewartet werden. Außerhalb der Messe bestehen hierzu wenige Gelegenheiten und sie verlieren ihre eigentliche Berufung. Daher werden die prächtigen Instrumente oft verschrottet. Für die verbleibenden Kirchen kann eine Pfeifenorgel zu einem unerschwinglichen Luxus werden, der regelmäßig gestimmt und gereinigt werden muss. Elektrische Orgeln sind eben billiger und leichter zu warten.
Ein zweites Leben für Englands Kirchenorgeln
Daher sind in den letzten Jahren viele dieser ehrwürdigen Instrumente bedroht, da das Interesse an traditioneller Kirchenmusik abnimmt und die finanzielle Unterstützung für ihre Wartung und Restaurierung schwindet. Viele hat die Kampagnengruppe Pipe Up for Pipe Organs gerettet, indem sie diese an andere Orte verpflanzt hat. Doch könnte die Rettung dieser historischen Orgeln aus einer unkonventionellen Quelle kommen: dem Heavy Metal. Es ist der Versuch, die Orgel in einen zeitgemäßen Kontext zu stellen.
Schwarze T-Shirts, geflochtene Bärte – die Orgel hatte ein neues Publikum
Der Gedanke mag auf den ersten Blick absurd erscheinen. Wie könnten die donnernden Gitarrenriffs, krachenden Schlagzeugbeats und wütenden Gesangsstimmen des Heavy Metal dazu beitragen, die sanften Klänge einer Orgel zu bewahren? Doch bei genauerem Hinsehen zeigt sich, dass diese scheinbar gegensätzlichen Musikgenres mehr gemeinsam haben, als man denkt.
Heavy Metal ist nicht nur eine Musikrichtung, sondern auch eine leidenschaftliche Gemeinschaft von Menschen, die sich der Musik in all ihren Formen verschrieben haben. Es ist eine Kultur, die sich durch ihre Liebe zur Musik, ihre Hingabe an handwerkliches Können und ihre Ablehnung von Konventionen auszeichnet. In vielerlei Hinsicht teilen Heavy-Metal-Fans ähnliche Werte mit denjenigen, die sich für den Erhalt historischer Orgeln einsetzen.
Heavy Metal und Orgeln haben Einiges gemeinsam
Ein entscheidendes Element, das Heavy Metal und Orgelmusik miteinander verbindet, ist ihre epische und monumentale Natur. Sowohl Heavy Metal als auch Orgeln sind dafür bekannt, einen Raum mit ihrem kraftvollen Klang zu füllen und eine majestätische Atmosphäre zu schaffen, die den Zuhörer mitreißt. Beide Genres haben die Fähigkeit, eine emotionale Resonanz zu erzeugen und tiefe Gefühle beim Publikum hervorzurufen.
So kam es zu dem Konzert mit Pantheïst, einer Funeral-Doom-Band, deren Leadsänger eine Soutane trägt, und Arð – ausgesprochen Arth, ein altes englisches Wort für Heimat -, die das Album Take Up My Bones aufführten. Sie erzählen darin die Geschichte, wie die Gebeine des heiligen Cuthbert aus Lindisfarne entfernt und dann 200 Jahre lang von Mönchen durch Nordengland getragen wurden, bis sie in der späteren Kathedrale von Durham wieder beigesetzt wurden.
Die Hingabe zum Handwerk
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Virtuosität, die sowohl von Heavy-Metal-Musikern als auch von Organisten verlangt wird. Das Beherrschen eines Musikinstruments erfordert Jahre intensiven Trainings und Übens, sei es das Spielen eines komplexen Gitarrensolos oder das Koordinieren der verschiedenen Register einer Orgel. Diese Hingabe zum Handwerk ist ein gemeinsames Merkmal beider Genres.
Darüber hinaus gibt es bereits einige herausragende Beispiele dafür, wie Heavy Metal und Orgelmusik miteinander verschmelzen können. Bands wie Deep Purple und Uriah Heep haben Orgeln in ihre Rockmusik integriert, was zu ikonischen Songs wie „Child in Time„ und „July Morning„ geführt hat. Diese Fusion aus Heavy Metal und klassischer Orgelmusik hat gezeigt, dass die beiden Genres sich nicht nur ergänzen, sondern auch einzigartige und kraftvolle Klanglandschaften schaffen können.
Orgeln in neuer Rolle als Bandinstrument
Dieser vielversprechende Ansatz zur Rettung der englischen Orgeln besteht darin, Heavy-Metal-Konzerte in Kirchen und Kathedralen zu veranstalten. Diese Veranstaltungen könnten nicht nur dazu beitragen, neue Zielgruppen anzusprechen und Spenden zu sammeln, sondern auch das Bewusstsein für die kulturelle Bedeutung der Orgelmusik zu stärken. Indem sie traditionelle Kirchenräume mit moderner Musik beleben, erhalten diese Konzerte die Orgel als lebendiges und relevantes Instrument.
Rettung der englischen Orgeln
Neben der finanziellen Unterstützung könnten Heavy-Metal-Fans auch ihre technischen Fähigkeiten einbringen, um bei der Wartung und Restaurierung historischer Orgeln zu helfen. Viele Metalheads sind handwerklich begabt und haben Erfahrung im Umgang mit komplexen technischen Geräten. Durch ehrenamtliches Engagement könnte man diese kulturellen Schätze für zukünftige Generationen erhalten.
Orgelpfeifen und Verstärker
In einer Welt, die sich ständig verändert, ist es wichtig, die Verbindung zu unseren kulturellen Wurzeln nicht zu verlieren. Die Fusion von Heavy Metal und Orgelmusik könnte Englands reiche musikalische Tradition bewahren und auch neue Wege finden, um sie lebendig und neuartig zu gestalten. Es ist an der Zeit, dass wir unsere Vorstellungen von Musikgenres und kultureller Bedeutung überdenken und erkennen, dass Innovation oft dort entsteht, wo wir sie am wenigsten erwarten.
Also lasst uns die Verstärker aufdrehen, die Orgelpfeifen erklingen und gemeinsam die Zukunft der Musik gestalten
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