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Kriegsweihnacht in Großbritannien

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Britische Frau in Uniform trägt Essensbehälter für die Royal Navy Kriegsweihnacht

Großbritannien war im Krieg, und seine Handelsmarine war unter Beschuss deutscher U-Boote. Das bedeutete, dass für die Briten Lebensmittel knapp wurden. Daher wurden am 8. Januar 1940 die Lebensmittel in Großbritannien rationiert.

Santa Klaus mit Soldaten und Zivilisten
Bild: Wiki Commons

Durch die Rationierung wurden Lebensmittel und Rohstoffe, die knapp waren, gerechter verteilt. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs betraf dies nur Benzin, später kamen dann Butter, Zucker, Speck und andere Waren dazu. Am Ende waren fast alle Lebensmittel außer Obst und Gemüse betroffen.

Man forderte diejenigen auf, die einen Garten hatten, eigenes Gemüse anzubauen. Viele Familien hielten in der Zeit Hühner. Einige hielten Schweine und schlossen sich sogenannten „Pig Clubs“ an, in denen sich einige Menschen für die Aufzucht von Schweinen in Kleinbetrieben zusammenschlossen. Beim Schlachten mussten sie die Hälfte des Schweins an die Regierung abtreten, um die allgemeine Versorgung zu unterstützen.

Die wöchentliche Lebensmittelration für einen Erwachsenen betrug damals:

  • Schinken & Speck  114 g
  • Anderes Fleisch im Wert von 1 Shilling und 2 Pence (ca. 2 Koteletts)
  • Butter   57 g
  • Käse      57 g
  • Margarine   114 g
  • Kochfett      114 g
  • Milch           1,7 l
  • Zucker        226 g
  • Konserven  alle zwei Monate 453 g
  • Tee             57 g
  • Eier            1 frisches Ei plus Trockenei
  • Süßigkeiten  pro 4 Wochen 340 g

Vergleichbar mit den Bezugsmarken in Deutschland während des Kriegs, gab es für jeden Bürger Großbritanniens ein Rationierungsbuch, in das er sich in einem Geschäft seiner Wahl eintragen konnte.  Kaufte er etwas, dann trug der Ladenbesitzer den Kauf in das Buch des Kunden ein.  Für einige Personengruppen, die zusätzliche Lebensmittel benötigten, wie Minenarbeiter, Mitglieder der Women’s Land Army und Angehörige der Streitkräfte, gab es Extrarationen.

Heimische Kartoffeln sparen Frachtraum

Aus einem Flyer der Lebensmittelbehörde, die wertvolle Kochtipps für die sparsame Kriegsküche gab:

„Kartoffeln: Kaum ein Gemüse ist nützlicher als die heimische Kartoffel. Kartoffeln sind eine preiswerte Energiequelle, und sie gehören zu den Lebensmitteln, die uns vor Krankheiten bewahren. Sie enthalten das gleiche Vitamin wie Orangen und ¼ Pfund Kartoffeln pro Tag liefert bereits über die Hälfte dieses Vitamins, das benötigt wird, um vor Erschöpfung zu schützen und Infektionen zu bekämpfen.“

Kartoffeln ersparen den Transport: Kartoffeln, die heimisch gewachsen sind, bringen uns die gleiche Energiequelle wie importiertes Getreide. Essen Sie diese wann immer möglich anstelle von Brot und anderen Getreideprodukten, und Sie tragen dazu bei, Schiffsraum zu sparen. Betrachten Sie also Kartoffeln nicht nur als Beilage zum Fleisch. Sie sind viel mehr als das. Eine gefüllte gebackene Kartoffel kann eine Mahlzeit für sich sein. Kartoffeln kann man auch für Suppen, Brötchen, Pasteten, Puddings und sogar Kuchen verwenden, wie folgende Rezepte zeigen.“

Das britische Kriegsopferhilfswerk

Die BWRS, British War Relief Society, war eine Dachorganisation für viele kleine Wohltätigkeitsorganisationen, die überall in den Vereinigten Staaten entstanden waren, um die Briten mit Kleidung, Lebensmitteln und anderen Arten von nicht-militärischer Hilfe zu versorgen. Die BWRS fungierte in Großbritannien als Verwaltungsbüro und als zentrales Annahmedepot für Geld und Hilfsgüter, die dann an Organisationen in den USA und Großbritannien verteilt wurden.

Schwarz weiß kleiner Junge erhält karte Frau mit Uniform links Kriegsweihnacht
Der BWRS verteilt Weihnachtsgeschenke an Kinder des Londoner East Ends, gespendet durch Amerikan Aid, Bild: Wikimedia Commons

Auch mit der Weihnachtspost wurde es eng

Packerinnen des Roten Kreuzes packen Päckchen für Soldaten während Kriegsweihnacht

ArbeiterInnen des Roten Kreuzes packen Weihnachtsgeschenke für die kämpfenden Truppen während des Zweiten Weltkriegs, Oktober 1942. ArbeiterInnen des Roten Kreuzes packen am Montag, dem 26. Oktober 1942, Hunderttausende von Rotkreuz-Weihnachtspaketen, die an die Männer der kämpfenden Truppen verschickt werden sollen. Jede Box enthielt eine anderthalb Pfund Kekse, zwei khakifarbene Taschentücher, ein Kartenspiel oder ein Spiel Contack, ein Päckchen Gerstenzucker, ein Päckchen kandierte Früchte oder entkernte Rosinen, eine Rasierklinge, ein halbes Pfund Schokolade, eine Dose mit 50 Zigaretten, ein Buch und drei Päckchen Kaugummi. Bild: Wikimedia Commons

Auch die Postverteilung wurde in Kriegszeiten ein Problem. Bild: Wiki Commons

In Kriegszeiten wurde es zu einem größeren Problem, genügend Postangestellte zu finden, um den Zustrom zusätzlicher Briefe und Pakete zur Weihnachtszeit zu bewältigen, da viele fest angestellte Mitarbeiter bei den Streitkräften waren. Außerdem war weniger Platz für die Beförderung von Post auf der Schiene vorhanden, da dieser für den Transport von Truppen und Munition benötigt wurde.

Weihnachten im Luftschutzkeller

Weihnachten 1940 fand mitten im Blitzkrieg statt. Zwischen September und November war London in 57 aufeinanderfolgenden Nächten bombardiert worden. Die Bombardierungen ließen auch am Weihnachtstag nicht nach, und so verbrachten viele Menschen den Heiligen Abend in einem Luftschutzkeller.

Unterirdische Kantinen wie die unter der Kirche St. Martin-in-the-Fields in London boten Unterschlupf und Erfrischungen für diejenigen, deren eigene Häuser ausgebombt worden waren, oder die als Brandwächter oder in anderen Bereichen des Luftschutzes tätig waren.

Zu den Entbehrungen, die mit der Rationierung einhergingen, kamen die ständigen Sorgen um ihre Angehörigen, die weit weg von zu Hause in den Streitkräften dienten und gerade um diese Zeit gerne gemeinsam mit ihren Familien gefeiert hätten. Auch waren zahlreiche Kinder aus Sicherheitsgründen aus den Großstädten evakuiert worden und weg von zu Hause. Eine große Anzahl an Menschen verbrachte Weihnachten in Luftschutzkellern.

Ein Hauch Festlichkeit trotz Verdunkelung und Rationierung

weiblicher Weihnachtsmann mit Kind auf dem Arm und dekorierter Weihnachtsbaum schwarz weiß
Weihnachten zu Hause für Evakuierte in Henley-on-Thames, Oxfordshire, 1941, Bild: Wikimedia Commons

Beim heutigen Konsum und der Kommerzialisierung an Weihnachten ist es kaum vorstellbar, wie diese Familien bei den damaligen Herausforderungen durch Rationierung Weihnachten zu einem Fest machen konnten. Natürlich gab es aufgrund der Verdunkelung keine Weihnachtsbeleuchtung auf den Straßen. Drinnen jedoch wurden die Räume für die Festtage mit viel Liebe weihnachtlich geschmückt. In Streifen geschnittene Zeitungen ergaben Papiergirlanden, Stechpalmen und anderes Grün, das man draußen fand, schmückte die Bilderrahmen an den Wänden, Schmuck aus Vorkriegszeit zierte behelfsmäßige Weihnachtsbäume. Das Lebensmittelministerium hielt hierfür Tipps bereit:

„Ein weihnachtliches Glitzern kann man einfach mit einigen Zweigen der Stechpalme und Immergrün auf Puddings zaubern. Tauchen Sie ihr Grünzeug in eine starke Lösung Bittersalz. Wenn es getrocknet ist, sieht es sehr schön bereift aus.“

Das begehrteste Weihnachtsgeschenk war Seife

Oft waren Geschenke selbst gemacht, und Geschenkpapier war rar, so dass man sie in braunes Packpapier oder Stoff wickelte. Um Papier zu sparen, ordnete das Versorgungsministerium 1941 an, dass „kein Einzelhändler Papier für die Verpackung oder Umhüllung von Waren zur Verfügung stellen darf, ausgenommen Lebensmittel oder Artikel, deren Lieferung der Ladeninhaber zugesagt hat“. Dies erschwerte es natürlich, Weihnachtsgeschenke als Überraschung zu präsentieren.

Plakat mit roter Schrift War bonds für Kriegsanleihen
Kriegsanleihen als Weihnachtsgeschenk, Bild: Wikimedia Commons

Die Wolle aufgetrennter alte Pullover diente für neue Socken. Auch sogenannte „War Bonds“, Kriegsanleihen, gab man als Geschenk und unterstützte so die Kriegsfinanzierung. Praktische Geschenke hatten den Vorrang, wie zum Beispiel Pflanzhölzer. Das begehrteste Weihnachtsgeschenk war im Jahre 1940 jedoch Seife.

Karotten im Christmas Pudding und falsche Gänse

Im Angesicht der Rationierung erforderte das Weihnachtsessen sämtlichen Erfindungsreichtum. Bereits Wochen vor dem Fest wurden Lebensmittel zu diesem Zweck gehortet. Tee und Zuckerrationen wurden von der Regierung über Weihnachten erhöht, um den Familien ein festliches Mahl zu ermöglichen. An Truthahn jedoch war nicht zu denken, einige schafften es, ein selbst gezüchtetes Huhn oder ein Kaninchen mit selbst angebautem Gemüse auf den Tisch zu bringen. Da es für den traditionellen Christmas Pudding kaum mehr getrocknete Früchte gab, arbeitete man Brösel und geraspelte Karotten in den Pudding. Je länger der Krieg andauerte, desto mehr Ersatzprodukte wie die „falsche Gans“, eine Art Kartoffel Kasserolle, kamen auf den Tisch.

Soldaten bei der Essensausgabe von Christmas Pudding Kriegsweihnacht
Sergeants des Queens Royals Regiments serviert man Christmas Pudding, Bild: Wikimedia Commons

„I’ll be Home for Christmas “.

Die musikalische Unterhaltung kam aus dem Radio oder man sang zusammen. Party Spiele und Kartenspiele unterhielten Familien und Freunde, die an Weihnachten zusammenkamen. Einige der beliebtesten englischen Weihnachtslieder stammen aus dieser Zeit, wie zum Beispiel „White Christmas“ oder „I’ll be Home for Christmas“.

Für einige Briten waren die Weihnachtstage schnell zu Ende, denn diejenigen, die in kriegswichtigen Fabriken oder Geschäften arbeiteten, mussten am Boxing Day, dem 2. Weihnachtsfeiertag, wieder bei der Arbeit sein.

Wenn wir aus heutiger Sicht diese genügsamen und behelfsmäßigen Jahre betrachten, empfinden wir Mitleid für diejenigen Menschen, die Weihnachten unter jenen Umständen verbrachten. Fragt man jedoch diejenigen Briten, die seinerzeit im Krieg gelebt haben, so erinnern sie sich durchaus mit liebevollem Blick an ihre Kindheitsweihnacht. Je behelfsmäßiger diese Kriegsweihnachten waren, desto eher genossen sie die einfachen Freuden der Weihnacht: die Gesellschaft der Familie und Freunde.

Und kaum einer hätte gedacht, dass sich so etwas in Europa wiederholen könnte, doch das Thema Kriegsweihnacht und Kriegswinter sind für die ukrainische Bevölkerung in diesem Jahr aktueller denn je.

Bild: Roberto Catariniccia – Unsplash
Bild: Sergio Souza

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