Episode 3: Jemand meint es gut mit mir.
In dieser Episodenfolge, die als ein Teil meiner Serie „Freundnachbarlich- Erfahrungen von Deutschen mit Briten und umgekehrt“ erscheint, beschreibt Till Schulze immer neue Episoden von seiner Zeit, als er 1977 durch England getrampt ist und zeichnet durch seine vielfältigen Kontakte ein variantenreiches Bild von den Briten.
Newcastle und die Brücken über den River Tyne. Und ich stand mal wieder an der falschen Stelle. Dachte sich wohl auch ein freundlicher Herr in einem unauffälligen Mittelklassewagen, der prompt anhielt. Um weiter Richtung Norden zu kommen, schlug er vor, mich zu einer anderen Auffahrt zu bringen. Er schien sehr stolz zu sein auf seine Heimatstadt Newcastle, denn er verfiel gleich in einen euphorischen Redeschwall darüber. Mir fiel auch sein überaus korrekt sitzender Maßanzug auf, ein respektabler und äußerst rücksichtsvoller Gentleman Driver also.
Bevor er mich an eine bessere Stelle zum Weitertrampen brachte, juckelten wir eine ganze Weile durch die Straßen. Er wollte mir offensichtlich seine Stadt zeigen. Die berühmten Sehenswürdigkeiten St.-Nicholas-Kathedrale und Grey‘s Monument bekam ich dabei nur von Ferne zu Gesicht. Ihm war es wichtiger, mir die ausufernden Arbeiterviertel zu zeigen, durch die wir mittendurch fuhren. Offensichtlich hatte er sich einen gewissen Respekt vor den einfachen Leuten erhalten, er sprach offen über seine Herkunft. Es war noch die Zeit der Stahlindustrie und der Hochöfen, erst später siedelten sich andere Industrien an.
Im Norden der Stadt angekommen, wünschte mir der freundliche Herr „Good Luck“ und setzte mich ordentlich ab.
Episode 4: Mit einem Schrottauto zur Frittenbude.
Soll ich oder soll ich nicht? Einsteigen? Fragte ich mich doch ernsthaft, als dieses alte grüne Auto mit den auffälligen Heckflossen neben mir anhielt. Irgendetwas aus den frühen 60er Jahren in miserablem Zustand. Aus dem Wageninneren allerdings freundliche Stimmen. „What are you waiting for? Jump in! We want to give you a lift!“ Na schön, wenn man mich so nett bittet. Eine ganze Weile bereute ich diesen Entschluss. Ich saß also tatsächlich in diesem Auto, die Rückbank existierte quasi nicht mehr, und die Beifahrertür ließ sich nicht mehr richtig schließen, musste also bei jeder Rechtskurve festgehalten werden. „Oh, I am so sorry about that“, hörte ich die Beifahrerin jedes Mal rufen. „This is the car of my ex-husband“.
Aha, also Mutter mit zwei Kindern. Der Sohn saß am Steuer. Mir wurde beiläufig erzählt, dass er noch keinen Führerschein habe, Fahrpraxis aber gut sei. Er fuhr gar nicht so übel, nur die Vorfahrtsregeln waren nicht so seine Stärke…Die kleine Schwester beschäftigte sich neben mir mit Stiften und Papier. Dann verwickelte sie mich in ein lustiges Frage-Antwort-Spiel, dem ich aber nicht konzentriert folgen konnte. Meine Anspannung war einfach zu groß.
Nach einer gefühlten Ewigkeit schnurrten wir auf einen großen Parkplatz und stürzten uns auf die bunte Frittenbude mit der Aufschrift „Fish and Chips“. Man drückte mir eine große fettige, in Zeitungspapier gewickelte Portion in die Hand. Danach standen wir alle lachend um das alte Auto herum. Wir bemerkten sehr wohl, dass der linke Hinterreifen einen veritablen Platten hatte…
Siehe auch den Bericht von Till Schulze Roadtrip durch Großbritannien: Episode 1+2
Im Geiste Ort und die Zeit wechseln: das geht mit dem vergnüglichen Roadtrip durch Großbritannien.
Ich vernehme sogar schon das Aroma von Fish and Chips!
Liebe Alessandra, wie wahr! Schön, dass dir der Beitrag von Till gefallen hat.
Jo, I like it!
Thank you, Michael.
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