Start Reisen Unterwegs auf dem Cotswold Way – ein Wanderbericht

Unterwegs auf dem Cotswold Way – ein Wanderbericht

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Chipping Camden Cotswold

England wie aus dem Bilderbuch

Manche nennen die Cotswolds das grüne Herz Englands – und das vollkommen zu Recht. Kaum eine Region verkörpert das, was wir uns unter typischer englischer Landschaft vorstellen, so treffend wie diese sanft gewellte Hügellandschaft. Das Wort „wolds“ bedeutet „grüne Hügel“, und genau das macht die Szenerie hier so charakteristisch: sanfte Anhöhen, durchzogen von Trockenmauern, kleinen Dörfern aus honigfarbenem Kalkstein, historischen Gutshäusern und alten Pfarrkirchen.

Der eigentliche Publikumsmagnet hier ist der Cotswold Way – 100 Meilen hügelige englische Landschaft, gespickt mit mittelalterlichen Kirchen, Fachwerkdörfern und historischen Herrenhäusern. Er beginnt im grünen Chipping Campden und endet in Bath – der englischen Kurstadt mit über 2.000 Jahren römischer Geschichte. Unterwegs kannst du die gespenstischen Ruinen der Hailes Abbey aus dem 13. Jahrhundert und Cooper’s Hill besuchen, wo die berühmten seltsamen und wunderbaren Käserollmeisterschaften von Gloucestershire stattfinden.

Da der Abschnitt zwischen Chipping Campden und Dover Hill als besonders schön gilt, war für mich klar: Hier sollte meine Wanderung beginnen.

Cotswold Way Wandererin
Am Beginn des Cotswolds Way in Chipping Camden

Ankunft in Chipping Campden

Wie schon bei meiner Schottland-Wanderung auf dem Rob Roy Way, entschied ich mich auch diesmal für die komfortable Variante mit Gepäcktransport – organisiert von Hillwalk Tours. Mit GPS-Tracks und dem praktischen Service, dass mein großer Rucksack jeweils bis 15 Uhr in der nächsten Unterkunft auf mich wartet, konnte ich unbeschwert mit leichtem Tagesrucksack wandern.

Aufgrund der Hochsaison war es nicht mehr möglich, direkt auf der Strecke eine Unterkunft zu finden, weshalb ich zwei Nächte im charmanten B&B Badgers Hall in Chipping Campden verbrachte. Hillwalk organisierte jeweils den Transfer von und zu den Etappenzielen. Auch ein gemütliches B&B kostet in England in der Hochsaison seinen Preis, wenn man spät bucht. So musste ich hier 230 Euro pro Nacht im Doppelzimmer bezahlen.

Chipping Campden – Mittelalterlicher Marktflecken

Kirche in Chipping Camden Cotswold
Kirche in Chipping Camden, Cotswold Way, Bild: © Sieglinde Fiala

Die mittelalterliche Marktstadt Chipping Campden ist wie ein Postkartenmotiv. Im Mittelalter war der Ort ein Zentrum des Wollhandels. Heute beeindruckt er durch seine honigfarbenen Kalksteingebäude, darunter die Woolstapler Hall aus dem 14. Jahrhundert und das Stadthaus von William Greville, einem der bedeutendsten Wollhändler seiner Zeit.

Die Markthalle aus dem 17. Jahrhundert diente einst zum Schutz der Händler vor Wind und Wetter und wird bis heute genutzt. Ein Großteil der Stadt steht unter Denkmalschutz, und entlang der Hauptstraße reihen sich historische Gebäude aneinander. Ein paar urige Pubs und ansprechende Restaurants machen das Städtchen zudem attraktiv.

Etappe 1: Chipping Campden – Stanton (17 km, 410 m)

Meine erste Etappe des Cotswold Ways beginnt mitten in Chipping Campden direkt vor meinem B&B Badgers Hall. Ich folge den Wegweisern aus dem historischen Ortskern heraus und finde mich schon bald auf einem Steilhang mitten in bereits abgemähten Feldern. Bewusst sehr früh am Morgen gestartet, merke ich jetzt, dass diese Entscheidung Gold richtig war. 30°C sind für heute angesagt, und hier oben auf den Anhöhen weht noch ein angenehm kühler Wind. Ich war entschlossen, die Kühlung auszunutzen und in zügigem Tempo meinem Ende der heutigen Etappe entgegenzusteuern. Es war ein Sonntag, die von den frühen Sonnenstrahlen angestrahlten Hausfassaden der Stadt leuchteten honiggelb. Der Marktflecken lag noch stlll unter mir, und auch die Traktoren schliefen noch. Hier von Dover Hill aus stimmte mich ein grandioser Ausblick auf die liebliche hügelige Landschaft der Cotswolds ein.

Ohne auch nur einem weiteren Wanderer zu begegnen, folgte ich meiner GPS-Route über Felder und Ackerland bis zum Broadway Tower, der hoch oben über den Hügeln vom Dörfchen Broadway thronte und bereits von Weitem zu sehen war.

Landscape from Chipping Camden
Auf dem Weg von Chipping Camden zum Broadway Tower, Bild: © Sieglinde Fiala

Broadway Tower

Der Tower, ein Zierbau aus dem 18. Jahrhundert, wurde von Landschaftsarchitekt Capability Brown entworfen und liegt auf 312 m Höhe – dem zweithöchsten Punkt der Cotswolds. Die Aussichtsplattform bietet bei gutem Wetter einen weiten Blick bis nach Wales. Hier kreuzten erstmals andere Wanderer meinen Weg, meist mit Hund.

Broadway Tower in Cotswolds
Der Broadway Tower, Bild: © Sieglinde Fiala

Der Abstieg zu dem recht wuseligen Dörfchen Broadway Village war lang und steil

Broadway Village

Broadway wird nicht umsonst als „Juwel der Cotswolds“ bezeichnet. Die breite Hauptstraße ist gesäumt von Kastanienbäumen und historischen Gebäuden. Ursprünglich ein alter Handelsweg, ein „Ridgeway“, ist die High Street bis heute das Herz des Dorfs.

Das künstlerische Erbe des Ortes ist bemerkenswert: Berühmtheiten wie Oscar Wilde, William Morris und J.M. Barrie verbrachten Zeit hier. Das Gordon Russell Design Museum widmet sich dem gleichnamigen Designer und die Art Gallery im historischen High Street-Gebäude zeigt Kunstwerke zur Dorfgeschichte. Das Broadway Museum ist ebenfalls einen Besuch wert.

Ganz offensichtlich ist das Dorf Anziehungspunkt für Touristen, denn Tea Rooms, kleine Shops und Galerien säumen die Hauptstraße, von der mich meine Wanderroute schon bald wieder ins Grüne wegführt. Der Wanderweg ist sehr gut ausgeschildert, sodass ich die GPS-Route, die mir Hillwalk Tours zur Verfügung gestellt haben, nicht wirklich brauche.

Nach einer kurzen Stippvisite im Dorf folgte ich meiner Route weiter. Ich änderte spontan meine Pläne und wanderte direkt zum Snowshill Manor.  Inzwischen hatte die Mittagshitze eingesetzt und ich kürzte meine Route etwas ab, in dem ich durch eine hoch mit Gras bewachsene Wiese ging, was mir einige Ameisenbisse einbrachte. Beim letzten Anstieg bis zum Snowshill Manor hatte ich schließlich 19 km erreicht. Da ich bis hierhin ohne Pause in zügigem Tempo gewandert war, galt mein erster Weg in dem Herrenhaus dem Tea Room.

Snowshill Manor

Snowshill Manor ist ein historisches Landhaus, errichtet und restauriert vom exzentrischen Sammler Charles Paget Wade. Er selbst wohnte in einem kleinen Cottage nebenan und verwandelte das Manor in ein skurriles Kuriositätenkabinett. Die Sammlung umfasst Tausende Objekte – von Samurai-Rüstungen bis zu Musikinstrumenten.

Auch die Gartenanlagen im Arts-and-Crafts-Stil spiegeln Wades Sinn für Ästhetik wider. Von hier ließ ich mich mit einem Taxi abholen und zu meinem Hotel in Chipping Camden fahren. 22 km waren es heute.

Das Thermometer zeigte in Chipping Camden um 21.30 Uhr noch immer 30°C an, und den Abend verbrachte ich auf der Terrasse eines Restaurants unter Olivenbäumen mit einer Antipasti Platte – ganz wie in der Toscana.

Etappe 2: Stanton – Winchcombe (13 km, 270 m)

Am nächsten Morgen ließ ich mich nach Stanton bringen, einem Dorf wie aus dem Bilderbuch. Es hat sich in den letzten 300 Jahren kaum verändert. Viele Gebäude stammen aus dem 16. und 17. Jahrhundert, gebaut aus dem typischen gelben Cotswold-Stein.

Die Pfarrkirche St. Michael and All Angels besitzt romanische Elemente und mittelalterliche Glasfenster. Das restaurierte Dorfkreuz markiert meinen Etappenstart. Stanton soll an der Kreuzung zweier Ley-Linien, auch als Drachenlinien bekannt, liegen. Es gibt viele Theorien und Erklärungen für die mysteriösen Ley-Linien, die überall auf der Welt vorkommen. Es handelt sich um gerade, „kosmische” Linien, die angeblich eine Art Magnetfeld transportieren und denen mystische Kräfte und unsichtbare Erdenergien zugeschrieben werden. Einige Theorien besagen, dass es sich um alte prähistorische Wege oder Handelsrouten handelt, andere behaupten, dass Vögel, Fische und Tiere diese Linien als „Kompass” nutzen können.

Ich wanderte auf weichen, welligen Wiesengründen vorbei an einem historischen Cricketplatz

Haus in Stanton Cotswold
Stanton

Cricket Platz

Zu meiner Rechten befand sich ein Cricketplatz mit einem kleinen Holzpavillon. Dieses Gebäude wurde dem Dorf von J.M. Barrie, dem Schöpfer von Peter Pan, geschenkt, der in den 1920er Jahren im Stanway House wohnte. Zwischen 1890 und 1913 hatte Barrie sein eigenes Cricket-Team aus prominenten Freunden zusammengestellt und geleitet, das seinen Sitz im nahegelegenen Broadway hatte.

Zu diesen Freunden gehörten Sir Arthur Conan Doyle, der Schöpfer von Sherlock Holmes, Winnie the Pooh-Autor A.A. Milne, „Jeeves and Wooster”, und Jerome K. Jerome.

Stanway House

Ein Herrenhaus im jakobinischen Stil mit dem höchsten Schwerkraftbrunnen Großbritanniens. Das Anwesen, seine Kirche, seine Gärten und die Zehntscheune sind im Sommer öffentlich zugänglich.

Stanway House
Stanway House

Kurz darauf erreichte ich die Ruinen von Hailes Abbey.

Hailes Abbey und Hailes Church

Hailes Abbey war eine Zisterzienserabtei aus dem 13. Jahrhundert. Richard, Earl of Cornwall, hat sie erbaut, um ein Gelübde zu erfüllen. Er hatte während eines Sturms auf See auf seiner Rückreise von einem Feldzug ein Gelübde abgelegt, um die sichere Rückkehr seiner Truppen zu erbitten. Das Schiff kam sicher an Land zurück, und die Abtei wurde gegründet.

Heute werden diese majestätischen Ruinen von English Heritage verwaltet, aber einst strömten viele Pilger zu dieser aufwendig gestalteten Abtei, um ihre berühmte heilige Reliquie, das „Heilige Blut von Hailes“, zu besuchen. Die Reliquie sollte eine Phiole mit dem Blut Christi enthalten. Während der englischen Reformation im 16. Jahrhundert wurde die Reliquie als Fälschung entlarvt, dennoch war die Abtei eine der letzten religiösen Einrichtungen, die nach dem Dissolutions Act von 1536 geschlossen wurden.

Hailes Abbey Cotswold Way
Hailes Abbey

Gegenüber der Abtei befindet sich die Hailes-Kirche aus dem Jahr 1175. Diese unscheinbare kleine Kirche, die älter ist als die Abtei, ist leicht zu übersehen, aber wegen ihrer wunderschönen mittelalterlichen Wandmalereien einen Besuch wert. Der Chorbogen ist normannisch, und man findet dort auch einige schöne mittelalterliche Buntglasfenster und Bodenfliesen.

Auf zur nächsten Etappe auf dem Cotswold Way

Über Felder und Grasland geht es für mich in Teilen über den alten Pilgerweg weiter, der früher die Abtei und Winchcombe verband. Winchcombe war einst Hauptstadt des angelsächsischen Königreichs Mercia. Die Stadt bezaubert mit historischem Charme, Tea Rooms und kleinen Läden. Hier sollte ich meinen Taxifahrer beim Pub The Plaisterer’s Arms treffen. Leider war das Pub geschlossen und es fing an zu regnen. Da ich noch einige Zeit warten musste, genehmigte ich mir im The Lion Inn einen Tee und war froh, im Trockenen warten zu können. Mein Taxi fuhr mich zur nächsten Unterkunft, wo schon mein Rucksack auf mich wartete. Das Rising Sun Hotel nahe Cheltenham.

Das Rising Sun Hotel liegt an einem Berg und sitzt man im Wintergarten des Foyers, so hat man einen traumhaften 270° Blick über die Landschaft. Auch ein recht schmackhaftes Abendessen lohnt sich im Hotelrestaurant. Am Nachmittag habe ich den Bus nach Cheltenham genommen, der direkt vor der Türe abfährt.

Rising Sun Hotel Cheltenham Panoramablick
Panoramablick vom Rising Sun Hotel bei Cheltenham

Cheltenham – Kurstadt mit georgianischem Flair

Cheltenham, mit 115.000 Einwohnern, ist eine elegante Kurstadt, bekannt für ihre gepflegten Parks und georgianische Architektur. Cafés, Boutiquen und ein reges Kulturleben machen den Ort attraktiv. Die zahlreichen Festivals – vom Literatur- bis zum Pferderennfestival – ziehen jährlich Besucher aus aller Welt an. Ich nutzte den Nachmittag für einen Zugausflug nach Gloucester – die Kathedrale dort ist einen Besuch wert, auch wenn der Rest des Ortes weniger Eindruck hinterließ.

Etappe 3: The Rising Sun Hotel Cheltenham – Dowdeswell (18 km, 450 m)

Blick über Cheltenham
Blick über Cheltenham, Bild: © Sieglinde Fiala

Was das Wetter anging, so wurde es heute etwas englischer. Direkt vom Hotel aus ging es steil den Berg hinauf, meist auf Geröllwegen. Hier oben auf der Höhe pfiff der Wind enorm, und ich war froh, ein Flies, eine Jacke, einen Schal und Mütze angezogen zu haben. Die dunklen Wolken schienen den Gipfel der Anhöhe zu streifen während der Regen ordentlich peitschte. Nichtsdestotrotz erkannte ich, dass ich hier weit oben in einem Golfplatz, Cleeve Hill, stand, auf dem auch bei diesem Regen und Sturm Engländer in den unvermeidlichen kurzen Hosen und T-Shirts zu früher Stunde golften. Ich wette, die bemerkten das Wetter gar nicht.

Cleeve Hill

Cleeve Hill ist ein winziger Weiler, der direkt unterhalb von Cleeve Common, dem höchsten Punkt des Cotswold Way, liegt. Mit einer Höhe von 330 Metern ist er der höchste Punkt sowohl der Cotswolds-Hügelkette als auch der Grafschaft Gloucestershire. Von hier aus hat man einen freien Blick nach Westen über Cheltenham und die Pferderennbahn, über den Fluss Severn bis nach Wales und im Norden über Winchcombe.

Mein Weg führte meist auf Wiesen oder Naturwegen durch Wälder bis zum Dunkerton Park.

Was die Firma Dunkerton Cider hier aufgebaut hat, lässt einen nur staunen. Unzählige Restaurantstände, Verkostungsmöglichkeiten, Eventlocations …was das Herz begehrt. Da es jetzt geradezu aus Kannen schüttete, war ich froh hier im Trockenen meinen Tee und meine Zimtschnecke zu genießen, bis mich mein Taxi abholte.

Frau mit vielen Hunden an der Leine Cleve Hill Cotswold
Hunde gehören in England einfach dazu.

Etappe 4: Dowdeswell – Birdlip (17 km, 430 m)

Mein Taxi brachte mich zurück an den Endpunkt vom Vortag. Der Anstieg durch Lineover Wood, ein alter Wald mit jahrhundertealten Buchen, war steil, aber lohnend.

Lineover Wood

Lineover Wood ist ein alter Wald und gilt als eines der schönsten Beispiele für den alten halbnatürlichen Niederwald, der früher in den Cotswolds weit verbreitet war. Das Wort „Lineover” bedeutet im Angelsächsischen „Lindenbank” und lässt den Wald auf ein Alter von über 1.000 Jahren datieren. Heute ist er eingestuft als ein weiteres Gebiet von besonderem wissenschaftlichem Interesse (SSSI=Site of Specific Scientific Interest) und beherbergt einige prächtige alte Buchen sowie eine Vielzahl anderer Pflanzen- und Tierarten.

Der Pfad ging 600 m weiter steil nach oben, bis ich durch ein Tor in offenes Grasland kam. Hier folge ich meinem GPS, bis ich auf dem Leckhampton Hill lande.

Leckhampton Hill und Charlton Kings Common

Innerhalb der Cotswolds Area of „Outstanding Natural Beauty“ (Gebiet von außergewöhnlicher natürlicher Schönheit) liegen Hill und Charlton Kings Common. Da man von vielen Teilen Cheltenhams aus einen guten Blick auf den Hügel hat, wird er als von Einwohnern als Erholungsgebiet genutzt. Daher begegnen mir hier auch einige Hundegänger.

Leckhampton Hill ist der Standort einer der vielen Hügelfestungen, die sich entlang der Cotswold-Steilwand erstrecken. Zusammen mit dem nahe gelegenen Charleton Kings Common ist es ein Gebiet von besonderem wissenschaftlichem Interesse (SSSI) und auch als alte historische Landschaft von großem Interesse. Neben einer Hügelfestung gibt es hier auch einen sehr seltenen Rundhügel (ein Grabhügel). Wenn man entlang der erhöhten Böschungen in Richtung des trigonometrischen Punktes und des Topographen geht, läuft man tatsächlich auf den Wällen der alten Hügelfestung, die aus der Eisenzeit stammt.

Eine Infotafel zeigte mir an, dass hier oben von vielen tausend Jahren das Meer gewesen sein musste. Und in der Tat fand ich versteinerte Muscheln im Kalk. In prähistorischer Zeit diente der Ort als Begräbnisstätte und Siedlungsort, im Mittelalter als Schafweide, im 18. und 19. Jahrhundert wurden dort natürliche Ressourcen abgebaut und Mitte des 20. Jahrhunderts war er ein Standort zur Verteidigung Großbritanniens.

Eine weitere Infotafel hier oben wies mir den Weg zum Devil’s Chimney.

Devil's Chimney Cotswold Way
Devil’s Chimney

Die wirklich schöne Etappe – heute sogar bei Sonnenschein – erreichte ihren Höhepunkt am geheimnisvollen Devils Chimney. Niemand weiß genau, wie diese Felsformation entstanden ist, aber es besteht kein Zweifel daran, dass sie sich in einer wunderschönen Lage mit Blick über das Severn-Tal befindet.

Devil’s Chimney

Der lokalen Legende zufolge ist der Devil’s Chimney (Teufelsschornstein) der Schlot einer der unterirdischen Behausungen des Teufels. Er soll auf dem Gipfel des Leckhampton Hill gesessen und Steine auf die sonntäglichen Kirchgänger geworfen haben, doch die Steine wurden auf ihn zurückgeworfen, sodass er in den Untergrund fliehen musste und dort gefangen blieb. Aus dem Schornstein steigt nun angeblich der Rauch der Hölle auf.

Eine wissenschaftlichere Erklärung könnte die Erosion von weicherem Gestein um eine Säule aus härterem Gestein herum sein. Aber die wahrscheinlichste Erklärung ist, dass der Teufelsschornstein von Menschenhand geschaffen wurde, da er über einem stillgelegten Steinbruch thront. Vielleicht war es ein Streich, den einige Steinbrucharbeiter im 18. Jahrhundert gespielt haben.

National Star

Auf dem weiteren Weg fiel mir ein Hinweisschild auf: „Café“. Es war höchste Zeit für einen Tee und ich folgte dem Schild auf ein weites, gut erschlossenes Gelände mit vielen Parkplätzen und etlichen geparkten Minivans. 

Ich fand mich in einem sehr modernen, Licht durchfluteten Gebäude wieder. Über eine Rezeption gelangte ich in das Café des National Star. Selten hat mich ein Anblick so berührt wie dieser. Es ist das Café eines Colleges für junge Leute zwischen 18 und 21, die schwer und multipel behindert sind. Es ist ein Trainingszentrum für Ausbildung, Weiterbildung und Persönlichkeitsentwicklung. Etwa 1000 externe Angestellte betreuen ca. 120 Gäste, wobei die meisten Teilnehmer hier auch wohnen und viele eine 1:1 Betreuung erfahren. Wie schwer es für jemanden ist, der vollständig gelähmt ist, mithilfe seines Computers seinen Rollstuhl zu steuern und damit einem Gast eine Limo zu servieren, kann man sich erst vorstellen, wenn man es mit eigenen Augen gesehen hat. Eine wunderbare Einrichtung und bewundernswerte Helfer und Ausbilder!

Ein Bridleway führt mich schon bald Richtung Crickley Hill Country Park, den ich nach einem halben Kilometer erreiche.

Crickley Hill Country Park

Chrickley Hill
Crickley Hill

Ein weiteres Naturschutzgebiet von besonderem wissenschaftlichem Interesse ist Crickley Hill, das eine Vielzahl von Wildblumen, Vögeln und Schmetterlingen beherbergt und außerdem Standort einer bedeutenden Hügelfestung ist. Es gibt Hinweise darauf, dass der Ort bereits 4000 v. Chr. besiedelt war. Er ist bekannt für die archäologischen Zeugnisse wiederkehrender Kämpfe und Schlachten, die dort stattfanden.

Die Interpretation der Stätte wird für den Besucher durch Informationstafeln und Markierungen am Boden erleichtert, die zeigen, wo sich die Pfostenlöcher verschiedener Gebäude befunden haben dürften. Auf diese Weise vermitteln sie ein echtes Gefühl, als würde man durch die Geschichte spazieren, während man den Spuren der Vergangenheit durch die Burg auf dem Cotswold Way folgt.

Bis hierher waren es etwa 14 km in dieser Etappe. Die letzten 200 m geht es noch einmal auf einem Trampelpfad steil bergauf entlang der Straße bis nach Birdlip.

Birdlip

Birdlip ist ein charmantes Dorf, das am westlichen Rand der Cotswold-Steilwand liegt und einen atemberaubenden Blick auf das Severn-Tal und die entfernten Malvern Hills bietet. Die Geschichte von Birdlip reicht Jahrhunderte zurück, wobei es Hinweise auf Besiedlungen in dieser Gegend gibt, die bis in die Römische Zeit zurückreichen. Der Name des Dorfes leitet sich von „Byrd’s Leap“ ab, einer Legende, die von einem Räuber namens Byrd erzählt, der von einem Hügel sprang, um der Gefangennahme zu entkommen. Im 18. und 19. Jahrhundert wurde Birdlip aufgrund seiner strategisch günstigen Lage zu einer wichtigen Postkutschenstation auf der Strecke von London nach Gloucester. Die Postkutschenzeit brachte dem Dorf Wohlstand, und es war für seine Gasthäuser und Tavernen bekannt. Heute ist Birdlip nach wie vor ein friedliches und malerisches Dorf.

Mein Royal George Hotel liegt gleich am Ortseingang. Es ist ein Hotel mit traditionellem Pub, das vermutlich schon im 16. Jahrhundert an der Stelle stand. Es bietet einen idealen Ausgangspunkt für die Wanderung auf dem Cotswold Way. So ist es auch nicht verwunderlich, dass ich hier ein paar amerikanische Wanderinnen antreffe.

Die erste Hälfte des Cotswold Way liegt jetzt hinter mir. Ich durfte tagelang in lieblicher hügeliger Landschaft wandern, immer wieder unterbrochen durch kleine Dörfchen. Eine lohnende Wanderung.

Resümee: England fürs Herz

Nach vier Etappen auf dem Cotswold Way bin ich tief beeindruckt, denn diese Wanderung ist keine sportliche Herausforderung, sondern ein stetes Eintauchen in eine Welt zwischen Historie, Natur und britischer Eigenart.

Die sanften Hügel, die weiten Wiesen, das Licht auf dem Kalkstein – all das hat sich eingebrannt. Ich habe Dörfer gesehen, in denen die Zeit stillzustehen scheint.

Der Cotswold Way ist mehr als ein Wanderweg. Er ist eine stille Hymne an das schöne, das leise England. Obgleich ich nur die erste Hälfte gegangen bin – ich weiß jetzt schon: Es war nicht mein letzter Besuch.

Wegweiser für den Cotswold Way mit Wandererin