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Geisterjagd in England: Ein Erlebnisbericht

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Séance Geistersitzung in England

Von Gläserrücken bis Geisterkälte: Wie ich ahnungslos in eine Séance in Devon geriet – ein augenzwinkernder Erfahrungsbericht für Skeptiker.

Schädel mit leuchtender Kugel
Bild: Ian Gao – Unsplash

Halloween in Devon: Wenn aus Spaß bitterer Ernst wird

Letztes Jahr zog es uns an Halloween nach Ilfracombe an der Nordküste Devons, weil wir — ganz klassisch — dachten: ein bisschen Grusel, ein paar Tricks, vielleicht eine Kürbislaterne, die von allein flackert. Weit gefehlt. Wir hatten schlicht keine Ahnung, worauf wir uns eingelassen hatten.

„Geschlossene Gesellschaft“ im Pub: Willkommen zur Séance

Pub in England bei einer Geisterjagd
Pub in Ilfracombe, in dem später die Geisterbeschwörung im Dunkeln stattfand.

In einem etwas heruntergekommenen, unbeheizten Pub offenbarte sich: eine „geschlossene Gesellschaft“. Diese „geschlossene Gesellschaft“ bestand inklusive uns beiden aus acht Gästen. Ein Master mit roter Stirnlampe (nicht etwa aus modischen Gründen, sondern weil alles ansonsten im Dunkeln stattfand) empfing uns. Und damit begann die Vorstellung, die keiner von uns gebucht hatte: eine ernst gemeinte paranormale Geisterbeschwörung. Gläserrücken, Magnetfeldmessung, plötzliche Kälte, allerlei Apparate und die feste Überzeugung, man meine es todernst. Ich hielt bislang Halloween für eine gagdichte-Kultur, aber das hier war ein Vollprogramm.

Erste Runde: Gläserrücken ernstgemeint

Man versammelte uns um einen runden Tisch. Der Master stellte ein leeres Wasserglas verkehrt herum auf den Tisch; alle sollten es gleichzeitig leicht mit einem Finger berühren, ebenso der Master. Dann wurde der Geist angerufen: „Bist du hier, Geist?“ — nichts. Noch ein Anlauf: “Geist, komm‘ heraus, wir werden dich mit Respekt behandeln.“ Und siehe da: das Glas glitt, von wem auch immer, zu einer Tischseite. Bis zu diesem Moment war ich überzeugt, es sei ein Showeffekt. Langsam dämmert mir jedoch: die anderen nahmen das hier wirklich ernst. Und das sollte von 20:00 bis 02:00 Uhr gehen.

Männer sitzen bei einer Geisterjagd  um einen Tisch in England
Séance, Bild: Eric Jan Hanussen – ‚Wikimedia Commons

Kalte Luft und heiße Diskussionen: Was ist real?

Es wurde präziser: „Komm und zeige, wer du bist. Bist du das, Martin?“ — wilde Spekulationen. Jemand war überzeugt: “Es scheint nur ein Kind zu sein, aber es tut nur so als ob. Es ist ein Erwachsener.“ Ein anderer: „Ich sah ihn aus der Küche kommen. Es ist ein Kind.“ Die Atmosphäre: gespannt, theatralisch, ein bisschen wie ein Krimi, nur dass der Täter unsichtbar ist.

Hand in Hand: Wenn der Geist die Arme hebt

Männer bei der Geisterbeschwörung in England
Séance, Bild: John Beattle Rochas – Wikimedia Commons

Während wir im Kreis saßen, spürte die Dame links von mir plötzlich etwas Kaltes neben sich: „Ja, ich spüre etwas. Meine linke Seite wird sehr kalt, ich spüre eine Kälte hinter meinem Rücken und neben mir.“ Ich versuchte sachlich zu bleiben und warf ein, das käme vielleicht von der offenstehenden Eingangstür. Doch die Dame hatte unwiderlegbare Indizien: „Der Geist verfolgt mich, denn nachdem ich meinen Sitzplatz gewechselt habe, ist er immer noch an meinem linken Bein.“ Argument erledigt.

Dann sollten wir im Stehen einen Kreis bilden, die Augen schließen und uns an den Händen halten. Angeblich würde der Geist unsere Arme von selbst nach oben drücken, wenn Empfänglichkeit vorhanden wäre. Ich war erst ein wenig zurückhaltend, vor allem weil die linke Hand meiner Nachbarin eiskalt und feucht war — sie hatte sich zuvor so aufgeregt, dass ihr übel wurde und sie kurz nach draußen musste. Nach etwa zehn Minuten jedoch arbeiteten sich die Hände eines ungefähr 25-jährigen Mannes (der sowieso in einer anderen Sphäre zu schweben schien) langsam auf Augenhöhe nach oben. Ein Schauspiel mit getanzter Schwerkraft.

Geistermessgeräte im Einsatz: Magnetfelder und Beweise

Parallel dazu wurden immer wieder Geräte angeworfen, um Magnetfelder zu messen. An den Ausschlägen und am gelegentlichen Knattern, das an einen Geigerzähler erinnerte, ließ sich nach Meinung der Anwesenden die Präsenz eines Geistes beweisen. Oh, und Beweise gab es viele!“— zumindest waren die Geräusche überzeugend.

Schreibende Geister: Das „S“ vom Jenseits

Schreibbrett für Geisterjagd  und Messgerät
Schreibbrett mit Messgerät für magnetische Felder als Beweis für die Anwesenheit eines Geistes. Bild: © Sieglinde Fiala
geisterhaftes Zeichenmuster auf rotem Grund GEisterjagd in England
Das Ganze fand im dunklen Raum statt, lediglich beleuchtet von der roten Stirnlampe des Masters. Bild: © Sieglinde Fiala

Das Beschwörungsprogramm wanderte schließlich zurück zum Tisch, wo ein Rollbrett mit einer kleinen Kugelschreibermine an der Unterseite auf einem Blatt Papier den Anfangsbuchstaben des Geistes schreiben sollte, vorausgesetzt, alle berühren das Brett leicht. Bis zu diesem Zeitpunkt war ich von dem Spuk so genervt, dass ich diskret das Panel so schob, dass schließlich ein „S“ — mein Anfangsbuchstabe — auf dem Blatt stand. Keiner bemerkte meinen kleinen Schummelschubs; jeder war beeindruckt, der Geist beginne nun mit „S“. (Ja, ich gestehe: ich sabotierte die Beweislage. Wissenschaftliche Methode: subversiv.)

Für mich war der Spuk an dieser Stelle um 22:00 Uhr vorbei — vier Stunden vor dem offiziellen Ende. Ich verabschiedete mich innerlich vom Übersinnlichen und kehrte in die normal temperierte Welt zurück.

Beliebtheit paranormaler Sitzungen in England

Was ich vorher nicht wusste: in einem Land voller mystischer Legenden erfreuen sich paranormale Sitzungen wachsender Beliebtheit. Solche Treffen ziehen Menschen an, die neugierig auf das Übersinnliche sind; in intimen Gruppen, kontrolliert durch einen Master, werden hier Geschichten erzählt, Emotionen geteilt und je nach Veranlagung echte spirituelle Erfahrungen gesucht. Unsere kleine Runde war eine Mischung aus neugierigen Skeptikern (zu denen ich gehöre) und Gläubigen. Nach spätestens zehn Minuten war im dunklen Raum die Erwartung spürbar — vor allem bei den Gläubigen. Nicht nur Geister wurden beschworen, sondern auch Erzählungen und Gefühle. Für manche ist das eine aufregende Grenzerfahrung, für andere ein Gemeinschaftsritual.

Ghost Club London Harry Price
Harry Price beim Ghost Club, Bild: Wikimedia Commons

Wie emotional überwältigend das sein kann, sah ich an der Frau, die zwischendurch an die frische Luft musste, und am jungen Mann, der in einer Art Trancezustand war. Für viele ist eine solche Sitzung mehr als Nervenkitzel: ein Zugang zur eigenen Spiritualität.

Einer der bekanntesten Orte für solche Zusammenkünfte ist übrigens der „Ghost Club“ in London, der seit den 1860er Jahren existiert. Dort tauschen Menschen Erfahrungen und Theorien über das Paranormale aus; regelmäßig werden spezielle Veranstaltungen angeboten, bei denen angeblich direkt mit den Toten kommuniziert werden kann. Solche Treffen sind also zugleich Forschung, Schau und Gemeinschaft.

Persönliches Fazit: Gespenster oder Durchzug?

Ich hingegen war ahnungslos in diese Sitzung hineingeraten — und ganz sicher: ich bin nur dann ansprechbar für kalte Luftzüge, wenn ein Fenster offensteht. Ende der Nacht, Anfang des Schmunzelns.

Halloween Deko im Pub Geisterjagd in England
Halloween Deko im Pub in Ilfacombe, Bild: © Sieglinde Fiala

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