Start Vergnügliches Feuerfestival Up Helly Aa auf den Shetlandinseln

Feuerfestival Up Helly Aa auf den Shetlandinseln

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Up Helly Aa Feuerfestival Schottland

Wenn mitten im Winter auf den Shetlandinseln tausende Fackeln die Dunkelheit durchbrechen, weiß jeder: Up Helly Aa steht bevor. Was heute wie ein spektakuläres Feuerfestival mit ordentlich Wikinger-Flair wirkt, ist viel mehr als eine touristische Attraktion. Es ist ein lebendiger Ausdruck lokaler Identität – tief verwurzelt in Geschichte, Gemeinschaftssinn und einer guten Portion schottischem Humor.

Langboot verbrennen in Schottland Up Helly Aa
Up Helly Aa Feuerfestival beim Verbrennen des Langboots, Bild: Klara Kulikova – Unsplash

Woher kommt das Feuer? Ein Blick zurück

Up Helly Aa wird vor allem in Lerwick, der Hauptstadt der Shetlands, gefeiert. Daneben gibt es kleinere Varianten auf anderen Inseln des Archipels. Auch wenn das Fest uralt wirkt, ist es tatsächlich ein modernes Festival. Im 19. Jahrhundert markierte es ursprünglich das Ende der Weihnachtszeit – genauer gesagt den 24. Tag nach Weihnachten, das sogenannte „Yule“.

Der heute allgegenwärtige Wikingerbezug ist historisch gesehen noch gar nicht so alt. Zwar haben die Shetlandinseln eine stark nordische Vergangenheit – sie gehörten bis ins 15. Jahrhundert zu Norwegen –, doch erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts begannen die Organisatoren, diese Herkunft bewusst in Szene zu setzen. Wikingerhelme, Schilde, Runen und schließlich auch das ikonische Langschiff hielten Einzug ins Festgeschehen.

Ein möglicher Ursprung der ausgelassenen, teils wilden Feierlichkeiten liegt in der Zeit der napoleonischen Kriege. Damals kehrten Soldaten und Seeleute mit einer gewissen Vorliebe für Schusswaffen und Lärm nach Hause zurück – keine ideale Mischung für enge Gassen und lange Winternächte.

Brennende Teerfässer: Teer-Barrelling

Ab etwa 1840 brachten junge Männer eine besonders feurige Idee ins Spiel: brennende Teerfässer, die durch die Hauptstraße von Lerwick gezogen wurden. Nicht selten trafen rivalisierende Gruppen aufeinander – was für ordentlich Chaos sorgte und ein erhebliches Risiko für Menschen und Gebäude darstellte.

Um 1870 zog man schließlich die Reißleine. Nach zahlreichen Beschwerden aus der Bevölkerung wurde dieser brandgefährliche Brauch aufgegeben und das Fest neu gedacht. Man verlegte Up Helly Aa auf das Ende des Januars, führte aufwendige Wikingerkostüme ein, das sogenannte Guizing, und etablierte eine Fackelprozession. 1880 tauchte schließlich zum ersten Mal das Wikinger-Langschiff auf – die „Galeere“, die bis heute am Ende des Umzugs feierlich verbrannt wird.

Wikinger mit Fackeln in Lerwick
Fackelumzug in Lerwick, Bild: Wikimedia Commons

Der große Tag: Ablauf eines Spektakels

Der Höhepunkt von Up Helly Aa findet meist am letzten Dienstag im Januar statt. Schon am Morgen sind abenteuerlich gekleidete Männer aus dem Gefolge des Guizer Jarl in der Stadt unterwegs und besuchen Schulen und Krankenhäuser. Der Guizer Jarl ist die zentrale Figur des gesamten Geschehens: ein Wikingerhäuptling auf Zeit, der sich an diesem Tag auf einen echten 24-Stunden-Feiermarathon begibt.

Ausgewählt wird ein verdienter Shetländer, der bis dahin gemeinsam mit seinem Kerngefolge – dem Jarl-Squad aus rund 60 Männern – tausende Stunden in Planung und Vorbereitung investiert hat. Er dirigiert den Fackelumzug und das abschließende Freudenfeuer.

An diesem Tag steht das öffentliche Leben in Lerwick nahezu still. Weil bis tief in die Nacht und oft bis in die frühen Morgenstunden gefeiert wird, ist der darauffolgende Mittwoch offiziell arbeitsfrei. Selbst wer nicht aktiv am Fackelzug teilnimmt, ist meist eingebunden – sei es beim Organisieren, Vorbereiten, im Catering oder als Gastgeber.

Wenn die Lichter ausgehen

Sobald es dunkel wird, werden die Straßenlaternen abgeschaltet – ganz ähnlich wie beim Basler Morgenstraich. Um Punkt 19.30 Uhr steigt über der Stadthalle eine Signalrakete auf. Das ist das Zeichen: Fackeln entzünden!

Über 1000 Fackelträger tragen massive Zaunpfosten, umwickelt mit in Paraffin getränkten Säcken. Die Lerwick Brass Band setzt ein und begleitet den etwa halbstündigen Fackelmarsch musikalisch. Das Wikinger-Langschiff, auf dem der Guizer Jarl thront und an dem eine Crew monatelang gebaut hat, wird seinem Schicksal entgegengezogen.

Wie bei der alemannischen Fastnacht spart der Jarl nicht mit Spottversen gegenüber der öffentlichen Verwaltung. Bevor die Fackelträger ihre brennenden Fackeln in das Boot werfen, klettert der Jarl heraus. Das Ritual basiert auf einem alten Wikinger-Bestattungsbrauch: Der Häuptling wird nach seinem Tod gemeinsam mit seinem Langschiff eingeäschert. Wenn die Flammen schließlich hochschlagen, erklingt das Lied „The Norseman’s Home“.

Verbrennen des Langboots beim Up Helly Aa in Lerwick, Schottland, Bild: Ella Peebles – Unsplash

Von Halle zu Halle: Der „Chill“

Nach dem Verbrennen des Schiffs beginnt die eigentliche Feiernacht. Rund ein Dutzend öffentlicher Hallen öffnen ihre Türen und empfangen die Trupps der Guizers. Diese After-Partys sind allerdings privat: Man braucht ein Ticket und eine Einladung des jeweiligen Gastgebers. Der Zugang ist streng limitiert, denn Up Helly Aa ist in erster Linie ein Fest für die Einheimischen.

Kulinarisch darf eines auf keinen Fall fehlen: Reestit Mutton & Tattie Soup, ein traditioneller Eintopf, der perfekt zu langen Winternächten passt.

Verschieben wegen Sturm und Regen? Never!

Angesichts der oft heftigen Winterstürme und Dauerregen könnte man meinen, der Fackelzug würde gelegentlich abgesagt. Doch die Organisatoren machen unmissverständlich klar: „Es wird keine Verschiebung wegen des Wetters geben.“

Tatsächlich wurde Up Helly Aa nur in Ausnahmefällen abgesagt – etwa beim Tod von Königin Victoria im Jahr 1901, während des Ersten und Zweiten Weltkriegs, bei einem Grippeausbruch, nach dem Tod von König George V. 1936, von Ex-Premierminister Winston Churchill sowie während der Covid-Pandemie.

Ein Schritt in die Gegenwart

Nach langen Diskussionen war es schließlich 2023 so weit: Frauen durften erstmals am Fackelzug teilnehmen. Ein historischer Schritt, der zeigt, dass sich selbst tief verwurzelte Traditionen weiterentwickeln können – ohne ihren Kern zu verlieren

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