Start Malerisches Die britische Liebe zu Schneeglöckchen – warum Snowdrops ganz England verzaubern

Die britische Liebe zu Schneeglöckchen – warum Snowdrops ganz England verzaubern

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Schneeglöckchen
britische Liebe zu Schneeglöckchen
Bild: Yoksel Zok – Unsplash

Kaum zeigt sich das erste zarte Weiß in der noch winterbraunen Erde, gerät Großbritannien kollektiv ins Schwärmen. Schneeglöckchen sind da – und mit ihnen eine regelrechte Euphorie. Spaziergänger strömen in Parks, Gärten und auf das Land, um die kleinen, duftlosen, aber dennoch magischen Blüten zu bestaunen. Doch woher kommt diese tiefe Zuneigung zu den frühen Frühlingsboten, und wie prägt sie Kultur und Alltag? Zeit, in das britische Schneeglöckchen-Fieber einzutauchen.

Snowdropmania: Wenn Schneeglöckchen in England Kultstatus haben

In England haben Schneeglöckchen längst Legendenstatus. So sehr sogar, dass man von „Snowdropmania“ oder „Galanthomanie“ spricht. Über das Land verteilt finden sich Gärten mit Stationen der Nationalen Schneeglöckchen-Sammlung, die jedes Jahr zahlreiche Besucher anziehen. Diese gehen auf regelrechte Schneeglöckchen-Safaris, ziehen von Garten zu Garten und bestaunen die unglaubliche Vielfalt an Sorten.

Die Begeisterung ist dabei keineswegs neu. Schon im 19. Jahrhundert wusste man die Wirkung der kleinen weißen Blüten zu schätzen: Damals pflanzte man Schneeglöckchen entlang der Wege zu den Toilettenhäuschen auf Friedhöfen. In der dunkelsten Zeit des Jahres sollten die hellen Blüten den Weg quasi „beleuchten“. Kein Wunder also, dass gerade auf Friedhöfen bis heute immer wieder neue Sorten entdeckt werden. Wer im Februar nach England reist, erlebt ganze Friedhöfe, die wie von einem weißen Blütenteppich überzogen sind – und tatsächlich werden sogar spezielle Schneeglöckchen-Reisen dorthin angeboten.

Teppich aus Schneeglöckchen in England, britische Liebe
Bild: Anni Spratt – Unsplash

Lange Zeit war diese Galanthophilie übrigens eine rein britische Angelegenheit. Entsprechend trugen Schneeglöckchensorten ausschließlich englische Namen – ein weiteres Zeichen für die enge emotionale Bindung.

Schneeglöckchen mit Geschichte: Wie Galanthus nach Großbritannien kam

Dabei waren Schneeglöckchen (Galanthus) ursprünglich gar nicht in Großbritannien heimisch. Vermutlich gelangten sie im 16. oder 17. Jahrhundert durch Mönche auf die Insel. Von dort aus eroberten sie zunächst Klostergärten, später die Parkanlagen aristokratischer Anwesen. Heute gibt es unzählige Festivals, die sich ganz dem Galanthophilie-Phänomen widmen.

Die Hingabe geht dabei oft weit über das bloße Anschauen hinaus. Manche Sammler jagen gezielt seltenen Sorten hinterher – mit erstaunlichen Ergebnissen: Auf Auktionen erzielen einzelne Zwiebeln Preise von mehreren hundert Pfund.

Schneeglöckchen in englischer Literatur und Poesie

Passend zur Jahreszeit zeigt das Schneeglöckchen sein weißes Haupt rund um das schottische Fest Imbolc und Lichtmess. In England trägt es deshalb auch den poetischen Namen „Fair Maid of February“. In einem altenglischen Blumenkalender aus dem 19. Jahrhundert findet sich dazu folgender Vers:

Das Schneeglöckchen, in reinstem Weiß gekleidet,
Erhebt sich zuerst am Lichtmess-Tag.
Während der Krokus zum Schrein eilt
Der Primel einsam am St. Valentinstag.

Kein Wunder also, dass Schneeglöckchen auch in der britischen Literatur ihren festen Platz haben. Dichter wie William Wordsworth oder John Clare feierten die Blume als Symbol für Neubeginn und Hoffnung. Besonders in der viktorianischen Zeit, als die Sprache der Blumen hoch im Kurs stand, galt das Schneeglöckchen als Zeichen von Reinheit und Trost.

Auch Clive Staples Lewis griff das Motiv auf: In Die Chroniken von Narnia erscheinen Schneeglöckchen als leise Verkünder des Frühlings – als Hoffnungsschimmer, dass der endlose Winter der weißen Hexe bald ein Ende haben könnte.

John Clare schrieb über das Schneeglöckchen:

“The snowdrop, winter’s timid child,
Awakes to life, bedew’d with tears.”

(Das Schneeglöckchen, des Winters schüchternes Kind, erwacht zum Leben, benetzt von Tränen.)

Und William Wordsworth ließ sich ebenfalls inspirieren:

“Chaste Snowdrop, venturous harbinger of Spring,
And pensive monitor of fleeting years!”

(Keusches Schneeglöckchen, waghalsiger Vorbote des Frühlings und nachdenklicher Zeuge vergänglicher Jahre.)

Der schottische Dichter George Wilson schließt sein Gedicht The Origin of the snowdrop mit den Zeilen:

„Und so ist das Schneeglöckchen, wie der Bogen
Der den wolkenverhangenen Himmel überspannt,
Zum Symbol, von dem wir wissen
Dass hellere Tage nahen.“

britische Liebe zu Schneeglöckchen in England
Bild: Wikimedia commons

Schneeglöckchen im britischen Alltag

Für viele Briten sind Schneeglöckchen ein zutiefst nostalgisches Symbol. Wer im Februar durch englische Landschaftsgärten spaziert, begegnet fast zwangsläufig Familien, die ehrfürchtig vor den weißen Blütenteppichen stehen bleiben. Gartenfreunde pilgern zu berühmten Schneeglöckchengärten wie Anglesey Abbey oder Welford Park, um dieses kurze, magische Zeitfenster mitzuerleben.

Und die Begeisterung endet nicht im Garten: Es gibt Postkarten, Schmuckstücke und sogar Porzellantassen mit Schneeglöckchenmotiven. Ein ziemlich klares Zeichen dafür, dass die Briten ihrer Liebe zu dieser Blume auch im Alltag Ausdruck verleihen.

Warum Schneeglöckchen mehr sind als Frühlingsblumen

Ob als literarisches Symbol, begehrtes Sammlerobjekt oder einfacher Frühlingsbote – Schneeglöckchen haben in Großbritannien einen festen Platz in Herzen und Gärten. Und wer einmal durch ein Meer dieser zarten Blüten gewandelt ist, versteht sofort warum: Es ist dieser perfekte Moment zwischen Winter und Frühling, eingefangen in einem einzigen kleinen, weißen Glöckchen.

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